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News Niederlande: Wer Leistung vom Staat will, muss leistungswillig sein

Immer wieder vernimmt man von dem vermeintlich so kleinen deutschen Nachbarn Niederlande, dass gerade dieses Land den Deutschen in vielen Bereichen um Nasenlängen voraus ist.

Eine sehr beachtliche Geschichte ist die Restrukturierung des Arbeitsmarktes in den Niederlanden. Die Niederlanden gelten als Pioniere der Zeitarbeit, wobei die Regelungen bei unserem Nachbarn als durchaus vorbildlich bezeichnet werden können. Das Land hat früh mit geeigneten weiteren Maßnahmen gegen die drohende steigende Arbeitslosigkeit gekämpft. Auch der Umgang mit Arbeitslosen ist deutlich anders als z. B. in Deutschland.

In den Niederlanden gilt ganz klar: wer vom Staat war will, der muss Leistung erbringen. Dabei fordert der Staat zuerst, danach darf ein Arbeitsloser an Forderungen denken. Man hat so die Anzahl von Sozialhilfeempfängern nach offiziellen Angaben immerhin um gut ein Viertel reduzieren können.

Dabei geht man durchaus ungewöhnliche Wege, die in Deutschland so nicht ohne weiteres durchsetzbar wären. Man fördert die Menschen durch ungewöhnliche Maßnahmen. So gibt es Jobcenter, die Hilfeempfänger sogar mit Laufprogrammen stärken. Das heißt, der Center organisiert Laufgruppen in den sich die Empfänger in Form bringen können und vor allem in der Gruppe das Sozialverhalten stärken. Man will die Menschen sozial aktivieren, was sicherlich auch gut so ist. Arbeitslose sollen nicht lethargisch zuhause sitzen, sondern sich am Leben beteiligen und auch engagieren.

In den Niederlanden hat man speziell die Probleme von Langzeitarbeitslosen bzw. Sozialhilfeempfängern erkannt. Die Leute sind solange vom Arbeitsmarkt weg, dass sie praktisch nicht mehr in der Lage sind zu arbeiten. Sie könnten einen normalen Arbeitstag gar nicht mehr durchstehen. Gerade diese Klientel will man durch solche Programme zurück in die Gemeinschaft bringen. Dazu werden Gesprächsrunden initiiert oder man trifft sich zum Kaffee Trinken. Und hier geht man dann eher kleine Wege - die Leute sollen erst zum Kaffeetrinken kommen. Im Lauf der Zeit sollen sie dann von selbst darauf kommen, dass sie den Kaffe nicht nur trinken können, sondern auch ausschenken. So will man die Leute zu immer mehr Selbstinitiative erziehen.

Auch beim niederländischen Pendant zu Hartz IV geht man andere Wege. Natürlich heißt das in den Niederlanden anders - es heißt WWB (Wet Werk En Bijstand), also Gesetz für Arbeit und Beistand. Auch hier gilt - wer arbeitet erhält Hilfe. Das Ganze wird von den Centrums voor Werk en Inkomen verwaltet - den niederländischen Arbeitsagenturen bzw. Jobcentern. Von dort wird ein Antragsteller direkt zur Stellenvermitllung geschickt, wo man Jobs vorhält, die praktisch sofort angetreten werden können. Wer einen Job nicht machen kann, der bekommt passende Fortbildungen oder Praktika angeboten, die er dann auch machen muss. Klar geregelt ist, wer diese Angebote nicht unbedingt annehmen muss: Kranke oder Menschen, welche kleine Kinder betreuen müssen.

Die Grundsicherung der Menschen wird in den Niederlanden übrigens alleine von den Kommunen getragen. Das tut der Situation wohl auch sehr gut. Während man in Deutschland noch darüber streitet, wer Hartz-IV Empfänger am besten betreuen solle, da macht man in den Niederlanden Nägel mit Köpfen. In den Niederlanden haben die Kommunen schon seit 2004 die alleinige Verantwortung - auch finanziell. Zuvor erhielten die Kommunen immerhin 75% aller Sozialausgaben vom Staat zurück. Damit ist Schluss, es gibt nur noch ein festes Budget, welches nach objektiven Kriterien erstellt wurde. Das macht Druck auf die Kommunen, man engagiert sich und konnte so die Zahl der Hartz IV Empfänger (also WWB) deutlich reduzieren, zuletzt um fast 23 Prozent. Insbesondere junge Menschen (ein großes Problem in Deutschland) konnte man so aus dieser schwierigen Lage holen.

In den verschiedenen Kommunen der Niederlande gibt es ganz unterschiedliche Programme. Manche wirken, das muss man sagen, relativ hart. Aber sie werden akzeptiert. So gibt es vielerorts die Regel, dass man sich zwei Tage nach Beantragung der Hilfe in einem Programm melden muss, wo man dann eine bestimmte Anzahl Wochenstunden in bestimmten Tätigkeiten arbeiten muss (unabhängig der Vorbildung). Wer nicht mitmacht, bekommt die Hilfe gekürzt.

Ein hartes Mittel, aber erfolgreich. Diese Work First Projekte haben unglaublich durchgeschlagen. Angeblich sind dadurch 40% der Empfänger nach spätestens einem halben Jahr ohne Hilfe wieder zurecht gekommen. Alleine mittelgroße Kommunen geben das Sparpotential bei einigen Millionen Euro im Jahr an. Das ist beachtlich.

Dabei sieht man Work First nicht nur als ein normales Mittel um Menschen in Arbeit zu bringen. Man formuliert es in den Niederlanden schon deutlich so, dass es sich bei Work First durchaus um ein Abschreckungsmittel handelt. Aber auch im Bereich der Sozialhilfeempfänger legt man die Zügel deutlich an. Die Kommunen setzen immer mehr Kontrolleure ein. Wer betrügt, der fliegt aus dem Raster.

Fairerweise muss man aber auch sagen: der Arbeitsmarkt in den Niederlanden hatte sich im europäischen Vergleich sowieso extrem positiv entwickelt, man hatte Arbeitslosenquoten von nur um die 4%, was sehr niedrig ist. Und der Effekt von dem WWB Programm scheint durchaus auch Abnutzungserscheinungen zu haben. Denn die Rückgänge der Quoten sind mittlerweile wesentlich geringer, weil einfach der Arbeitsmarkt nicht mehr so aufnahmefähig ist. Denn letztlich wurden die Niederlande wie jeder andere Staat auch von der Rezession getroffen. Dennoch scheint den Niederländern insgesamt die Umsetzung der Reintegration von langzeitarbeitslosen wesentlich besser gelungen zu sein, als den Deutschen. Allerdings mit einiger Härte, das muss man schon sagen. Und die Menschen in den Niederlanden sind auch nicht alle von derartigen Maßnahmen begeistert.

(11.2009, Angaben ohne Gewähr)

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